26.09.24  Kolumne  Metalle 

Zinssenkungen und Chinas „Stimulus-Blitz“ befeuern Goldpreis auf neues Allzeithoch

(SOLIT Management GmbH Auszug aus dem Marktkommentar von Markus Blaschzok, Chefanalyst der SOLIT Gruppe
 
Der Goldpreis stieg zum Wochenbeginn auf ein neues Allzeithoch von 2.671 US-Dollar (2.386 Euro) an, während der Silberpreis auf 32,30 US-Dollar squeezte. Getragen wurde dieser Anstieg von stärker als erwartete Zinssenkungen, neuen Spannungen im Nahen Osten und geldpolitischen Lockerungen in China. Gestern kündigte die People's Bank of China (PBOC) ein Konjunkturpaket an, nachdem das breiteste Geldmengenaggregat im letzten Monat um 7,3 % einbrach, dem stärksten Rückgang seit Jahrzehnten, und Panik vor einem deflationären Crash entstand. Der „Stimulus-Blitz“ mit der Senkung mehrerer Zinssätze zeigt die pure Panik der PBOC und soll die Rezession und den einbrechenden Aktienmarkt stoppen. Es werden bereits Liquiditätshilfen in Höhe von einer halben Billion Yuan für den Aktienmarkt geplant. Angesichts des Einbruchs der Liquidität scheinen neue QE-Programme in China bevorzustehen. Der Stimulus in China führte gestern zu verstärkten Goldkäufen in Asien, die dem Goldpreis zusätzlichen Auftrieb verliehen.
 
Neue dovishe Kommentare von Vertretern der US-Notenbank schürten gestern zusätzlich das bereits lodernde Feuer. Einige Entscheidungsträger haben aggressivere Zinssenkungen angedeutet, was den Goldpreis über Nacht weiter gestützt hat.
 
Die zentrale Frage bei vielen dieser Entwicklungen ist, wie viel davon angesichts der aktuellen Marktlage noch nicht im Preis enthalten ist. Aktuell rechnet der Markt nach den Fed Funds Futures mit einer Wahrscheinlichkeit von 58 % mit einer weiteren Zinssenkung um 50 Basispunkte im November.
 
Gold erlebt derzeit sein bestes Jahr seit 14 Jahren. Nach dem jüngsten Anstieg konnte das Edelmetall seit seinem Tiefstand von 1.820 US-Dollar Anfang Oktober letzten Jahres um beeindruckende 850 US-Dollar oder 46 % gegenüber dem US-Dollar zulegen. Die Jahresrendite von Gold zeigt, dass es in den letzten 45 Jahren nur ähnlich starke Anstiege binnen zwölf Monaten gab. Sollte sich der Goldpreis bis zum Jahresende auf diesem Niveau halten, wird dies das beste Jahr seit 1979 werden.


Nur wenige Preisanstiege in der Geschichte waren so stark wie die aktuelle Rallye am Goldmarkt


Der Ausdruck „to the moon“ aus der Finanz- und Krypto-Community beschreibt drastische Kursanstiege oder die Erwartung eines extremen Wertzuwachses bei Aktien, Kryptowährungen und Rohstoffen.
 
US-Notenbank senkt Leitzins überraschend stark

Vergangene Woche hat die US-Notenbank ihren Lockerungszyklus mit dem Paukenschlag einer aggressiven Zinssenkung um 50 Basispunkte eingeleitet. Der Beschluss fiel nahezu einstimmig mit 11 zu 1 Stimmen. Eine knappe Mehrheit der Fed-Mitglieder hält eine weitere Senkung um nochmals 50 Basispunkte bis Jahresende zu den bevorstehenden Sitzungen im November und Dezember für angebracht.
 
Jay Powell und Co. gehen dieses Mal eindeutig kein Risiko ein, nachdem sie im Jahr 2021 mit ihrer Prognose eines kurzzeitigen Inflationsanstiegs hinter der Kurve zurückgeblieben sind.
 
Im Vorfeld der Zinssenkung erwartete der Markt eher ein vorsichtiges Agieren der US-Notenbank. Die Märkte brauchten auch eine Weile, um die große Zinssenkung zu verstehen und was diese über den Stand der Wirtschaft aussagen könnte. Der Goldpreis reagierte zunächst kaum, stieg dann aber während der Rede von US-Notenbankchef Jerome Powell auf ein neues Allzeithoch bei 2.600 US-Dollar an, bevor er durch Gewinnmitnahmen wieder auf 2.547 US-Dollar fiel. Im asiatischen Handel des nächsten Tages erholte sich der Goldpreis erneut und näherte sich wieder der Marke von 2.600 US-Dollar – eine wahre Achterbahnfahrt. Noch heftiger schwankte der Silberpreis: Nach einem anfänglichen Anstieg um einen US-Dollar fiel er während Powells Rede um 1,5 US-Dollar, nur um am Folgetag wieder um denselben Betrag zu steigen.
 
Zinssenkungen: Zeichen von Panik statt wirtschaftlicher Stärke
 
Die Fed versucht mit der Zinssenkung vermeintlich eine Rezession zu verhindern und hofft stattdessen auf eine "sanfte Landung" der Wirtschaft, wobei die Aufmerksamkeit des FOMC nun auf den Arbeitsmarkt und dem Inflationsziel von 2 % gerichtet ist.
 
„Wir sind entschlossen, die Stärke unserer Wirtschaft aufrechtzuerhalten“, erklärte der Fed-Vorsitzende Jerome Powell auf einer Pressekonferenz. „Diese Entscheidung spiegelt unsere wachsende Zuversicht wider, dass mit einer angemessenen Rekalibrierung unseres politischen Kurses die Stärke des Arbeitsmarktes erhalten werden kann...“
 
Obwohl Jerome Powell bestritt, dass die Fed "hinter der Kurve zurückgeblieben" sei - also nicht früh genug die Zinsen gesenkt habe, um eine Rezession zu verhindern—ist genau das, was er als "Rekalibrierung" bezeichnet, ein Eingeständnis dessen.
 
Auf die Frage, was seine Botschaft an die US-Verbraucher sei, antwortete Powell, dass die US-Wirtschaft gut dastehe und dass die Entscheidung der Fed darin bestehe, sie auf diesem Niveau zu halten. Aber senkt man wirklich die Zinsen um 50 Basispunkte (0,5 Prozentpunkte), um zu signalisieren, dass die Wirtschaft stark ist? Keine Zinssenkung wäre ein Zeichen für Stärke gewesen, doch eine Senkung um 50 Basispunkte wirkt eher wie ein Ausdruck von Panik. Die Federal Reserve weiß offenbar, dass eine Rezession und möglicherweise eine neue Krise unmittelbar bevorstehen. Durch aggressive Zinssenkungen versucht sie, noch etwas Zeit zu gewinnen, vielleicht bis nach den US-Wahlen.
 
Der sogenannte "Dot Plot", der in der Zusammenfassung der Wirtschaftsprognosen der Fed enthalten ist, prognostiziert einen Leitzins von 3,4 % bis Ende des kommenden Jahres. Im Juni lag diese Prognose noch bei 4,1 %. (Aktuelle Zinsspanne: 4,75 % bis 5 %) Gleichzeitig erwartet die Fed keine Rezession in den nächsten Jahren, und auch die Inflation soll trotz der Zinssenkungen nicht ansteigen.
 
Ich betrachte diese Projektion als eine Art „Forward Guidance“ - zur Beruhigung der Finanzmärkte vor einer möglichen Krise, die nichts mit der tatsächlichen Wirtschaftsprognose der Fed zu tun hat. Die deutliche Zinssenkung und die Aussicht auf weitere Senkungen bis zum Jahresende deuten darauf hin, dass die Märkte kurz vor einem Kollaps stehen könnten.
 
Der Grund, warum dies funktioniert, ist einerseits, dass die Marktteilnehmer dem keynesianischen Irrglauben verfallen sind, die US-Notenbank könnte durch Zinssenkungen einen neuen Konjunkturaufschwung herbeiführen. Diese Vorstellung ist völlig falsch und zeugt von der Unkenntnis der Konjunkturtheorie der Österreichischen Schule der Nationalökonomie und der Zusammenhänge zwischen Boom- und Bust-Zyklen. Andererseits glaubt man fälschlicherweise, das Muster der letzten 40 Jahre, nach dem auf jede Zinssenkungsphase ein neuer Konjunkturaufschwung und steigende Aktienmärkte folgten, würde sich fortsetzen.
 
Die einhellige Meinung am Markt und in den Medien ist, dass Zinssenkungen besser seien als eine Rezession und dass man froh sein sollte, dass die Notenbank jetzt entschlossen agiert, um eine Rezession zu verhindern. Denn diese sei schlecht für die Wirtschaft, den Arbeitsmarkt und den Wohlstand der Menschen. Nichts könnte falscher sein als das, denn die Rezession ist ein notwendiger Bereinigungsprozess von Fehlallokationen in der Wirtschaft, die erst durch künstlich niedrige Zinsen entstanden. In einer Rezession wird hingegen der Weg bereitet, um wieder nachhaltigen Wohlstand zu generieren.
 
Zinssenkungen hingegen führen die Wirtschaft auf einen falschen Produktionsweg, der Kapital fehlleitet und letztlich vernichtet. Durch die künstlich niedrigen Zinsen werden Investitionen in Projekte getätigt, die bei einem natürlichen Zinsniveau nicht rentabel wären. Dies führt zu einer Blase, die früher oder später platzen muss.
 
Die Phase der Nullzinsen vor Corona hat bereits das Potenzial für eine starke Rezession geschaffen, und die QE-Programme (Gelddrucken) im Zuge der Corona-Maßnahmen haben diesen notwendigen Bereinigungsprozess noch einmal hinausgezögert bzw. neue Fehlallokationen geschaffen. Nach der stärksten Geldmengenausweitung der Geschichte, die bereits jegliches Deflationspotenzial mehr als ausgeglichen hat, ist es nicht mehr möglich die Zinsen zu senken, ohne dabei neue Inflation und steigende Zinsen zu verursachen.
 
Der bekannte Zyklus von Zinssenkungen, auf die ein neuer Konjunkturaufschwung folgt, ist vorbei. Ab jetzt muss jede Zinssenkung durch höhere Inflation bezahlt werden, was nur zu weiter steigenden Zinsen führt. Es gibt keinen Weg mehr vorbei an der Stagflation. Die Märkte und die Wahrnehmung, dass die Fed mit Zinssenkungen die Wirtschaft noch einmal vermeintlich positiv beeinflussen könnte, sind völlig falsch.
 
Die Österreichische Schule betont, dass nachhaltiges wirtschaftliches Wachstum nicht durch künstliche Geldschöpfung und Manipulation der Zinssätze erreicht werden kann. Künstlich niedrige Zinsen führen zu Fehlallokationen von Ressourcen, die langfristig den Wohlstand mindern. Stattdessen sollten Zinsen durch das Zusammenspiel von Sparen und Investitionen auf dem Markt bestimmt werden.
 
Bei der aktuellen Inflationsrate von 2,5 % hat die Fed eigentlich keinen Spielraum für eine Zinssenkung, denn ein Marktzins für zehnjährige Anleihen wäre bei 6,5 % fair bewertet. Berücksichtigt man, dass die tatsächliche ungeschönte Teuerung weit oberhalb des statistischen Warenkorbs liegt, dann müssten die Zinsen sogar deutlich höher liegen. Jede Zinssenkung ist als ultralockere Geldpolitik zu sehen, die den US-Dollar weiter schwächen und den Goldpreis diametral gegensätzlich stützen wird.


Die Fed hat eigentlich keinen Spielraum für eine Zinssenkung

Zinssenkungen helfen nicht - sie schaden!

Die Politik der Zentralbanken, die Zinsen künstlich niedrig zu halten, verzerrt die Signale des Marktes und führt zu einem ungesunden Boom, dem zwangsläufig ein Bust (Rezession) folgt. Diese Rezession ist der notwendige Bereinigungsprozess, in dem die vorherigen Fehlallokationen korrigiert werden. Versuche, diesen Prozess durch weitere Geldschöpfung und Zinssenkungen zu verhindern, verschlimmern letztlich nur die Probleme und verlängern die wirtschaftliche Misere.
 
Um aus diesem Teufelskreis auszubrechen, ist es notwendig, die Marktkräfte wirken zu lassen. Das bedeutet, dass unrentable Unternehmen aus dem Markt ausscheiden und Ressourcen freigesetzt werden, die in produktivere Verwendungen fließen können. Nur so kann eine solide Basis für zukünftiges Wachstum geschaffen werden.
 
Die Vorstellung, dass Zentralbanken durch geldpolitische Maßnahmen wie Zinssenkungen langfristigen Wohlstand schaffen können, widerspricht den Grundsätzen der Österreichischen Schule. Nachhaltiger Wohlstand basiert auf Sparsamkeit, produktiven Investitionen und einer stabilen Währung, jedoch nicht auf der ständigen Ausweitung der Geldmenge und künstlicher Anreize. Könnte die Fed durch das Drucken von Geld oder einer Zinssenkung um 50 Basispunkte die Wirtschaft positiv beeinflussen, müsste man einfach nur noch mehr Geld drucken bzw. einfach die Zinsen noch weiter senken, um dauerhaften Wohlstand zu schaffen, was offenkundig völliger Unsinn ist. Eine solche Politik führt langfristig zu Inflation und wirtschaftlichen Instabilitäten, anstatt zu echtem, nachhaltigem Wachstum.
 
In China haben die Zinssenkungen der letzten beiden Jahre nichts bewirkt und konnten die Verlangsamung der zweitgrößten Volkswirtschaft nicht stoppen. Das Wachstum schwächte sich weiter ab, nachdem es in den letzten fünf Quartalen auf den niedrigsten Stand gefallen war, und der Immobilienmarkt brach in einem noch nie dagewesenen Tempo zusammen. Diese Verschlechterung, die sich in zunehmenden sozialen Unruhen und zunehmenden Arbeitsstreiks niederschlägt, hat die Toleranz der chinesischen Führung auf die Probe gestellt, die ihr hochgestecktes Jahresziel zum zweiten Mal in drei Jahren verfehlt hat, und das zu einem Zeitpunkt, an dem das Vertrauen der Investoren schwindet.
 
In China konnten die Zinssenkungen der letzten zwei Jahre die Verlangsamung der zweitgrößten Volkswirtschaft auch nicht aufhalten. Das Wachstum schwächte sich weiter ab, nachdem es in den vergangenen fünf Quartalen auf den niedrigsten Stand gefallen war, und der Immobilienmarkt brach in beispiellosem Tempo ein. Glauben Sie weder der Fed noch der EZB kein Wort – die Rezession kommt, die Notenbanken werden erneut Geld drucken und sich die Stagflation festigen, worauf der Goldpreis weiter ansteigen wird.
 
Neue Gold-ETF-Zuflüsse stützen den hohen Goldpreis

Die börsengehandelten Goldfonds verzeichneten im August Zuflüsse von rund 28,5 Tonnen, nachdem sie im Juli bereits um beeindruckende 47,7 Tonnen gestiegen waren. Damit setzt sich der positive Trend fort, der im Mai mit den ersten Nettozuflüssen begann. Trotz dieser Zuflüsse in den letzten vier Monaten belaufen sich die Nettoabflüsse in diesem Jahr jedoch immer noch auf etwa 44 metrische Tonnen und im Jahresvergleich liegen die ETF-Bestände noch immer ca. 25 % unter dem Höchststand der COVID-19-Pandemie im Jahr 2020.
 
Weitere Investitionen westlicher Anleger in ETF-Produkte sind entscheidend für eine anhaltende und nachhaltige Goldhausse im nächsten Jahr. Die Zinssenkungen der Fed dürften westliches Kapital, das in diesem Jahr der Rallye größtenteils auf der Seitenlinie stand, sukzessive zurück in den Goldmarkt ziehen, insbesondere dann, wenn gleichzeitig die Weltwirtschaft in eine Rezession abgleiten sollte. Wenn sich die Stagflation verstärkt, da die Inflation aufgrund der lockeren Geldpolitik erneut anziehen sollte, dürften eine Flucht aus Aktien und Anleihen in Edelmetalle und Minenaktien erfolgen, was die Aufwärtsbewegung weiter befeuern würde.


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Quelle: SOLIT Management GmbH , Autor: (markusblaschzok)

 

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