18.09.14  Kolumne  Gas 

Trennungswünsche (nicht nur) in der Ukraine und in Schottland

(Andreas MännickeGeht Russland das Geld aus?

Der Rubel reagierte bereits auf die neuen Sanktionen der EU und USA mit einem Kursverfall und die tiefsten Werte gegenüber dem US-Dollar seit Jahren. Der Euro stieg zum Rubel von 48 auf 49,50 EUR/RUB. Seit-Jahresbeginn fiel der Rubel gegenüber dem US-Dollar schon um 13%. Russland überlegt nun, wie es die Finanzzahlungen ans Ausland auch gewährleisten und sich in Zukunft finanzieren kann. Auch soll mit China so etwas wie ein eigenständiges SWIFT entwickelt werden, denn es kann gut sein, dass Russland bei den nächsten Sanktionsrunden vom SWIFT ausgeschlossen wird und dann wäre Russland vom Westen finanzmäßig fast völlig isoliert, was möglicherweise auch eine der außenpolitischen Ziele der Hardliner im Pentagon der USA sind, die in Russland immer noch einen Feind sehen.

Strategischer Fehler der EU

Europa und Deutschland würde aber meines Erachtens einen großen strategischen Fehler machen, wenn sie nicht in der Lage sein sollte, die Sanktionsspirale ganz schnell wieder runter zu fahren und mit Russland direkt in Dialog zu treten, denn eine Eskalation im Streit könnte auch ganz schnell zu einem Weltkrieg führen. Schon die anberaumten Manöver in der Ukraine sind jetzt völlig fehl am Platz und tragen nur zum gegenseitigen Hochschaukeln der Provokationen bei, denn es ist ganz klar, dass auch Russland darauf reagieren wird, wenn auch „nur“ mit dem Testen von Atomraketen oder Langstreckenraketen - ebenso wie Nordkorea.

Russische Gegenmaßnahmen zu erwarten

Russland wird aber auch auf die neuen Wirtschaftssanktionen reagieren, sei es mit der Erhöhung von Importzöllen, sei es durch eine Verringerung der Gaslieferung auf das vertraglich vereinbarte Minimum, sei es durch Verbot von Autoimporten oder sei es durch ein Flugverbot über Russland, was besonders die Lufthansa treffen würde. Damit verstoßen jetzt alle beteiligten gegen die WTO-Regeln. Es herrscht ein Handels-, Finanz- und Währungskrieg und es herrscht ein „Kalter Krieg“ zwischen EU/USA und Russland. Ich halte auch das neue Blockdenken Ost/West der EU/USA für falsch und einen strategischen Fehler, denn der Bumerang wird folgen und einen selbst hart treffen.

Trennungswünsche nicht nur in der Ost-Ukraine

Trennungsgelüste gibt es nicht nur in der Ost-Ukraine, sondern jetzt auch in Großbritannien mit Schottland als Abtrünnige. Wenn heute am 18. September Schottland „ja“ zur Abtrennung abstimmen sollte, kommen auf England, Schottland und Europa neue Herausforderungen. Das Pfund dürfte deutlich schwächer werden und Schottland müsste eine eigene Währung einführen, die dann auch noch irgendwann in den Euro kommen soll. Schottland müsste dann auch der EU neu beitreten, was bis zu 6 Jahren dauern könnte. Groß-Konzerne wie HSBC und RBS drohen mit dem Sitzverlagerung von Schottland nach London, ebenso wie andere Großkonzerne.

England will sich möglicherweise in Zukunft von Europa ohnehin verabschieden. Dies dürfte dann auch einige Irritationen und neue Frage für die Aktienmärkte bedeuten. Der englische Premier David Cameron plädiert mit großem Engagement für ein „No“ und will Schottland nun weitestgehende Autonomierechte einräumen. Zum Glück wird der Konflikt dort noch friedlich mit Volksabstimmungen geregelt und nicht wie in der Ost-Ukraine mit Militär und Miliz. Nach den letzten Umfragen führen knapp die „Nein-Sager“ und dann würde alles beim Alten bleiben; dennoch soll Schottland aber mehr Autonomierechte eingeräumt werden.

Who is next?

Trennungsgelüste gibt es aber nicht nur in Schottland und der Ost-Ukraine, sondern auch in Spanien mit Basken und Katalanen mit einem Referendum über Unabhängigkeitserklärung im November (dies aber nicht mit Zustimmung der spanischen Regierung), in Belgien zwischen Flamen und Wallonen, in Kanada, wo sich das französisch sprechenden Québec oft abtrennen wollte, in Grönland mit Abtrennungswünschen zu Dänemark und in Italien mit der Trennung von Nord- und Süd-Italien. Letztendlich ist in Deutschland auch der Länderfinanzausgleich sehr umstritten und soll nun neu geregelt und „gerechter“  werden. Für viele Norddeutsche ist Bayern wie ein Ausland. Man könnte viele weitere Beispiele anfügen, wo sich bestimmte Volksgruppen benachteiligt fühlen und sich lieber unabhängig machen. Trennungswünsche hatten zuvor erfolgreich Tschechien und die Slowakei und alle Ex-Jugoslawischen Länder im Balkan.

Uneiniges Europa und zunehmende nationalistische Bewegungen in Europa gefährden den Frieden

Auch die EU ist keine Einheit, auch wenn sie sich jetzt so gegen Russland so gibt. So waren Tschechien, die Slowakei, Österreich und Finnland gegen den letzten Sanktionsbeschluss gegen Russland, während vor allem Polen und die baltischen Länder für die verschärften Sanktionen gegen Russland waren. Innerhalb von Europa gibt es jetzt aber auch eine Reihe von nationalistischen Bewegungen mit großem Stimmenzuwachs wie in Frankreich (mit Le Pen), vielen skandinavischen Ländern, in den Niederlanden, aber auch in Ost-Deutschland mit der AfD und NPD. Auch an diesen vielen nationalistischen Bewegungen und Gruppen könnte Europa irgendwann auseinanderbrechen. Und dies wäre auch wiederum eine Gefahr für den Frieden in der Zukunft in Europa.

Es geht nicht nur um mehr Gerechtigkeit, sondern auch um Rohstoffe

Es geht bei den angeführten Trennungsgelüsten auch immer um Gerechtigkeit und auch um einen gewissen „Finanzausgleich“ sowie um politische Bevormundung „von oben“. Oft geht es auch um Rohstoffe wie in der Ost-Ukraine um große Schiefergasvorkommen unter der Erde. Es geht dabei aber auch um (fehlenden) Respekt, Toleranz, Unterdrückung und Ausbeutung. In Schottland geht es nicht nur um die Idee eines besseren Sozialismus versus dem Kapitalismus in England, sondern auch um Gerechtigkeit bei der Verteilung der Öleinahmen. Ohne Schottland würde England 97% des Nordsee-Öl verbleiben und in England würde sich das Leistungsbilanzdefizit von 6 auf 8% erhöhen, was wiederum das Pfund schwächen würde.


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Quelle: Andreas Männicke, Autor: (am)

 

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