24.08.15  Kolumne  Gas 

Kommt jetzt der Crash oder war er das schon?

(Andreas Männicke) von Andreas Männicke, Geschäftsführer der ESI East Stock Informationsdienste GmbH (www.eaststock.de) und Herausgeber des EAST STOCK TRENDS

+++China-Abwertung und schwache Konjunkturaussichten in China machen Sorgen+++falsche Statistiken in China?+++Tsipras-Rücktritt sorgt für Neuwahlen am 20. September in Griechenland+++Rohstoffe im freien Fall+++DAX bricht ein+++Flash Crash auch in den USA+++Gold nach Kurseinbruch nur leicht erholt+++

Die Kurse an den Weltbörsen purzeln im August fast ohne Unterbrechung, so dass die Kursgewinne des Jahres dahin schmolzen. Nachdem das leidige Thema Griechenlandkrise in den Hintergrund trat, dominieren nun die Wachstumsaussichten in China die Weltbörsen. Die zweimalige Abwertung der chinesischen Währung Yuan (Renmimbi) um insgesamt 3 Prozent brachte den Stein ins Rollen. Am 21. August 2015 wurden bei vielen großen Weltbörsen wichtige Chartmarken nachhaltig durchbrochen, was den Kursabschwung verstärkte. Nun stellt sich die Frage. War das schon der Crash oder kommt der „richtige“ Crash noch?

Seit 2008 außergewöhnliche Maßnahmen („Quantitative Easing“: QE) der Notenbanken und Ausnamezustand im Finanzsektor

Blicken wir zurück auf 2008 zurück: Erst rettete nach der Lehman Brothers Pleite, wo wir schon kurz vor einem System-Crash standen, der Staat die Banken und Versicherungen, was die Staatsverschuldung vieler Länder enorm erhöhte, dann rettete von 2009 bis jetzt die Notenbanken den Staat, indem sie Anleihen aufkauften. Diese teuflische Symbiose zwischen Staat und Banken besteht weiterhin. Beide können nicht ohne den Gegenpart auskommen, was man nun auch wieder bei dem mehr politisch gewollten, aber ökonomisch unvernünftigen Griechenland-Deal beobachten konnte.

2008 war ein großer Schnitt in der Finanzwirtschaft. Die angekündigte erhöhte Kontrolle von Schattenbanken und Hedgefonds fand zwar bisher noch nicht statt; aber es gab eine neue „Drogenpolitik“ der Notenbanken, in die zuletzt auch der Chef der europäischen Zentralbank Draghi mit Anleihenkäufen im Volumen von 70 Milliarden Euro im Monat einstieg. Draghi unterstütze aber auch die griechischen Banken mit Notkrediten im Volumen von über 80 Milliarden Euro.

Griechenlandhilfe = Null, Finanzhilfe für den europäischen Finanzsektor = 86 Milliarden Euro

Von der jetzt beschlossenen „Griechenlandhilfe“ der Europäischen Union (EU) im Volumen von 86 Mrd. €, wo der Internationale Währungsfonds (IWF) wegen der fehlenden Schuldentragfähigkeit Griechenlands nicht mehr mitmachen will, bekommt der griechische Bürger auf der Straße so gut wie gar nichts. Es ist ein Skandal, dass es keinen Investitionsfonds im Volumen von 86 Mrd € gibt, sondern wieder nur eine „Kredithilfe“, die nur der Finanzwirtschaft dient und den Grexit in die Zukunft verschiebt. So etwas nennt man dann auch Konkursverschleppung auf hohem Niveau. Es ist ein Armutszeugnis für Europa.

Von den 86 Milliarden Euro sollen 54,1 Milliarden. Euro für den Schuldendienst, also den Tilgung- und Zinsverpflichtungen aufgewendet werden, 7 Milliarden Euro sind für weitere Zahlungsrückstände gedacht, weitere 7 Mrd. € dienen dem Aufbau von Reserven und 25 Milliarden Euro zur Rekapitalisierung der Banken. Aber wo bitte ist da Geld für die Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit und für Investitionen bzw. Investitionshilfen? Sprich Griechenlandhilfe = Null. Hilfe für die europäischen Finanzwirtschaft = 86 Milliarden Euro! Das ist ein Skandal, der einmal offen ausgesprochen und auch kritisiert werden muss. Dadurch erhöht sich die Verschuldung Griechenland auf 200 Prozent des Brutto-Sozial-Produkts (BSP), was ein weiterer Skandal ist. Es ist ganz klar, dass nun ein Schuldenschnitt für Griechenland bald folgen muss, den Finanzminister Schäuble aber gerne anders benannt haben will (mit Schuldenstreckung, keine Zinszahlung für viele Jahre, was einem Schuldenschnitt gleichkommt, aber nur anders heißt).

Mit dieser Verbalakrobatik befasst sich im Moment die Bundesregierung, was leider kein Sommertheater, sondern Realität ist. Der griechische Primier Tsipras eröffnet nun nach seinem formellen Rücktritt die Chance für Neuwahlen am 20. September in Griechenland. Man darf gespannt sein, wer dann so ein überschuldetes Griechenland weiter in eine rosige Zukunft führen möchte. Ich nehme an, es wird weiterhin Tsipras sein, wenn ihm auch schon 25 Parteimitglieder weggelaufen sind.

Fortsetzung der Drogenpolitik der Notenbanken kann zur Monsterwelle führen

Seit 2008 leben wir in dem unnormalen Zustand der außergewöhnlichen Maßnahmen der Notenbanken, die noch nicht beendet sind. Sie führten dazu, dass es 2009 zu keiner Depression und Weltwirtschaftskrise kam, aber der Zustand der Staaten hat sich durch die enorme Verschuldungen auch enorm verschlechtert. So muss man sich fragen, was die Notenbanken und Staaten beim nächsten großen Börsencrash und einer Weltwirtschaftskrise machen können. Einige Weltuntergangspropheten rechnen dann auch mit einem System-Crash, also mit einer Pleitewelle bei Banken und Großunternehmen oder sogar Staaten und dass dann nichts mehr geht und nichts mehr hilft. Es kann gut sein, dass nun eine zerstörerische Monsterwelle fast unbemerkt auf uns zukommen wird.

Wichtige Chartlinien nach Kurseinbruch beachten

Im Januar 1990 brach der japanische Aktien-Index Nikkei 225 um fast die Hälfte von 40.000 auf 20.000 Indexpunkte ein und hat seitdem hat es sich auch nur wieder auf etwa 20.000 Indexpunkte erholt. Er ist aber noch fast 50 Prozent von seinem Allzeit-Hoch entfernt. Dies zeigt, dass es nach einem Crash nicht immer zu einer Werterholung zum letzten Hoch kommen muss, wie es aber beim deutschen Aktien-Index DAX und den amerikanischen Aktien-Indices geschah in 2014/15. Am 21. August 2015 gab der Nikkei-Index besonders stark um 3,37 Prozent auf 19.019 Indexpunkte nach. Aber auch der DAX brach um 2,58 Prozent auf 10.000 Indexpunkte ein, die jetzt als wichtige Unterstützungslinie dient. Gibt der DAX unter 10.000 Indexpunkte nach, kann der DAX schnell auf 9.500 Indexpunkte fallen, was dann schon in die Kategorie „Salami-Crash“ gehört. Für Charttechniker bedeutsam ist, dass damit auch die 200-Tageslinien klar durchbrochen wurden, was ein Verkaufssignal auslöste.

Aktienrückkaufprogramme und Firmenübernahmen stützen die Kurse in den USA künstlich

Die Kurse an der Wall Street wurden durch Aktienrückkaufprogramme im Volumen von über 700 Mrd. US-Dollar lange Zeit künstlich oben gehalten. Im letzten Jahr betrug das Volumen der Aktienrückkaufprogramme sogar über 1 Billion US-Dollar. Alleine Apple hat ein Aktienrückkaufprogramme von 90 Milliarden US-Dollar angekündigt. Diese Aktienrückkaufprogramme halten zwar künstlich die Kurse oben und „schönen“ den Gewinn pro Aktie, also das Kurs-Gewinn-Verhältnis (jetzt bei 19 in den USA), aber es geht zu Lasten von Innovationen und realen Investitionen, die wiederum für nachhaltiges Wachstum wichtig sind.

Auch das Volumen der Firmenübernahmen hat mit 4,5 Billionen US-Dollar schon fast wieder das Niveau von 2007 erreicht, was alles Warnsignale sind. Wenn nun die FED die Zinsen im Herbst/Winter tatsächlich erhöhen sollte, könnte dies ähnlich fatale Folgen haben wie die Zinsanhebung der amerikanischen Notenbank FED im Oktober 1987 nach mehrjähriger Zinspause. Der Nobelpreisträger und US-Ökonom Paul Krugman, der die Sparpolitik von Bundeskanzlerlein Angela Merkel scharf kritisiert, glaubt im Fall einer Zinsanhebung in den USA an eine 10-jährige Rezession in den USA. Es gibt einige Anzeichen, dass sich die Situation wie 1987 und 2008 jetzt ähnelt auch der Kursanstieg beim DAX um 100 Prozent seit 2011, aber auch die Markttechnik (siehe Beispiele unten).

Börsen-Crash in China, Griechenland und bei Metallen als Vorboten

Einen Börsen-Crash gab es schon zuvor in China beim chinesischen Aktien-Index Shanghai Composite Index mit einer Kursdrittelung von über 5000 auf nunmehr etwa über 3500 Indexpunkten seit dem 12. Juni 2015 und an der Athener Börse um über 20 Prozent nach der Wiedereröffnung nach fünfwöchiger Börsenschließung wegen der Kapitalflucht, der Kapitalverkehrskontrollen und der Grexit-Gefahren, also der Gefahr des Austritts Griechenlands aus dem Euro. Eine Baisse gibt es auch schon seit 2012 an den Rohstoffmärkten. Auch in diesem Jahr sind vor allem die Industriemetalle im Preis um 20-40 Prozent in 1 Jahr eingebrochen, was mehr an eine Deflation als eine Inflation erinnert. Der Bärmarkt bei den Rohstoffen setzt sich also fort. Allein der Brentölpreis brach seit Anfang Juni von 62 auf nunmehr 45 US-Dollar/Barrel ein, was aber wie eine Steuersenkung wirkt, so dass der Konsum davon weltweit profitieren dürfte.

Gold nach 5-Jahrestief nur leicht erholt

Gold stieg zwar seit dem 5 Jahres-Tief von 1086 am 20. Juli nunmehr wieder auf 1161 US-Dollar/Feinunze, befindet sich immer noch in einem intakten Abwärtstrend der letzten 3 Jahre, ebenso Silber das sich seit Anfang August nur leicht von 14,4 auf 15,3 US-Dollar/Unze erholen konnte. Gold verlor seit August 2011 um 42 Prozent in der Spitze an Wert und Silber sogar über 70 Prozent, trotz aller Krisen, die es zwischenzeitlich gab. Eine der wichtigsten Gründe für den Wertverfall in US-Dollar sind die niedrigen Zinsen (teilweise negative Realzinsen) und die deflationären Tendenzen im Rohstoffsektor sowie der starke US-Dollar. Es gab zwar in diesem Jahr bei Goldmünzen starke Zukäufe vor allem in Deutschland und den USA (weniger in Frankeich), aber auch immer wieder starke Abflüsse bei den Gold-ETFs (=Exchange Traded Funds) und auch Verkäufe über die Terminmärkte, was den Goldpreis drückte. Insgesamt ist die Goldpreisentwicklung in diesem Jahr in Anbetracht der vielen Krisen bisher enttäuschend. So konnte der DAX auch nach dem Mini-Crash am 21. August 2015 Gold in den letzten 3 Jahren klar outperformen.

Kurseinbruch von 3 Prozent ist außergewöhnlich hoch, geschieht aber relativ oft

Ein Kurseinbruch von 3 Prozent an einem Tag wie auch am 21. August 2015, ist zwar außergewöhnlich hoch, geschieht aber dennoch immer wieder mal. Ich würde das bisher lieber als Flash-Crash bezeichnen, aber es kann jetzt ein Salami-Crash und auch ein „richtiger“ Weltbörsen-Crash werden. So gab es auch einen Flash-Crash bei Gold am 20. Juli 2015, wo der Goldpreis in wenigen Sekunden um 50 US-Dollar/Unze bzw. um 3 Prozent einbrach, was außergewöhnlich ist. Am 20. Juli brach der Goldpreis genau von 1150 auf 1086 US-Dollar/Feinunze ein, was auch ein neues Fünf-Jahres-Tief bedeutete. Dafür reichte schon eine außergewöhnlich große Order, wo Gold im Wert von 2,7 Milliarden US-Dollar verkauft wurde. Jetzt gelang in den letzten Tagen wieder die Kurserholung auf 1161 US-Dollar/Feinunze.


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Quelle: Andreas Männicke, Autor: (am)

 

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